Feministische Ökonomie – Warum Care-Arbeit politisch ist
Was wäre, wenn wir die gesamte Gesellschaft auf den Kopf stellen würden, um zu erkennen, dass die unsichtbare Arbeit von Millionen von Frauen die Grundlage unserer wirtschaftlichen und sozialen Systeme bildet? Diese Frage stellt sich, wenn wir die Care-Arbeit betrachten, die oft als selbstverständlich angesehen wird. Von der Pflege älterer Menschen bis zur Betreuung von Kindern – die unsichtbare, unbezahlte Arbeit ist nicht nur eine Frage des Geschlechts, sondern auch eine politische. In einer Zeit, in der wirtschaftliche Disparitäten und soziale Ungleichheiten immer offensichtlicher werden, müssen wir uns eingehend mit der Bedeutung von Care-Arbeit in der feministischen Ökonomie beschäftigen und uns fragen, wie wir eine gerechtere Gesellschaft gestalten können.
Die unsichtbare Arbeit sichtbar machen
In Deutschland leisten Frauen mehr als 76 Prozent der gesamten Care-Arbeit, während ihre männlichen Partner oft in Vollzeit arbeiten. Dieser Gender-Pay-Gap ist nicht nur eine wirtschaftliche Ungerechtigkeit, sondern spiegelt auch die tief verwurzelten gesellschaftlichen Normen wider, die Care-Arbeit als „weiblich“ und damit weniger wertvoll einstufen. Die führte dazu, dass Care-Arbeit nicht nur als selbstverständlich, sondern auch als privates, individuelles Problem wahrgenommen wird – anstatt als gesellschaftliches und politisches Anliegen. Diese Unsichtbarkeit trägt zur Verfestigung patriarchaler Strukturen bei, die die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit perpetuieren. Um dies zu ändern, braucht es eine radikale Neubewertung und Anerkennung der Care-Arbeit als essentiellen Bestandteil der Volkswirtschaft.
Ökonomische Betrachtungen und gesellschaftliche Auswirkungen
Ökonomisch betrachtet ist die Care-Arbeit ein entscheidender Faktor für das Funktionieren des Marktes. Laut einer Studie der OECD trägt unbezahlte Care-Arbeit grundsätzlich dazu bei, dass die Gesamtwirtschaft nicht zusammenbricht. In Deutschland allein beträgt der Wert dieser Arbeit schätzungsweise 1,5 Billionen Euro jährlich. Dennoch bleibt diese Ökonomie der Sorge oft unberücksichtigt. Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind gravierend: Frauen sind aufgrund der Care-Verpflichtungen häufig in prekäre Jobs gezwungen oder ganz aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Diese Strukturen rufen nach einer politischen Umgestaltung, die die ökonomischen Aspekte von Care-Arbeit ins Zentrum stellt und langfristig für Gleichheit sorgt.
Alternativen und Lösungen für eine gerechtere Gesellschaft
Um die Herausforderungen zu meistern, die mit Care-Arbeit verbunden sind, benötigen wir mutige politische Maßnahmen und eine gesellschaftliche Wende. Konzepte wie ein universelles Grundeinkommen oder der Zugang zu qualitativ hochwertigen, bezahlbaren Dienstleistungen im Bereich Pflege und Betreuung sind zentrale Elemente, die wir diskutieren müssen. Diese Maßnahmen könnten eine gerechtere Verteilung der Care-Arbeit ermöglichen und Berufe im sozialen und pflegerischen Bereich aufwerten. Expert*innen sagen, dass eine solche Umverteilung nicht nur für Frauen, sondern für die gesamte Gesellschaft von Vorteil wäre: sie könnte zu mehr Chancengleichheit und Zufriedenheit führen.
Die Zukunft der feministischen Ökonomie gestalten
Feministische Ökonomie erfordert mehr als nur das Einflechten feministischer Perspektiven in bestehende wirtschaftliche Modelle. Sie verlangt einen radikalen Wandel in unserer Auffassung von Arbeit und Wertschätzung. Es ist an der Zeit, Care-Arbeit nicht nur als notwendige gesellschaftliche Verantwortung zu verstehen, sondern als einen zentralen Bestandteil unserer Gesellschaft, der politisch und ökonomisch gewürdigt werden muss. Nur auf diese Weise können wir eine gerechtere Zukunft für alle Menschen schaffen, in der Zusammenarbeit und Fürsorge die tragenden Säulen unseres Miteinanders sind. Lassen Sie uns die Care-Arbeit sichtbar machen und ihren Wert hochhalten – für eine gerechtere Gesellschaft, die alle Menschen in ihrer Vielfalt anerkennt und wertschätzt.